Freitag, 23. April 2010

Ist die Brustvergrösserung mit Hyaluronsäure sicher ?

In der Fachzeitschrift „Ästhetische Plastische Chirurgie“ ist kürzlich ein Artikel mit diesem Titel von Michael J. McCleave erschienen. Er schreibt folgendes:
Es wurde eine Vielzahl von Produkten (Implantaten) verwendet, um das Volumen der Brust zu vergrössern oder die Form zu verbessern. Diese Produkte können im wesentlichen in Produkte mit einer Kapsel und Produkte ohne Kapsel eingeteilt werden. Zu den Implantaten mit einer Kapsel, die eine Operation erfordern, zählen zum Beispiel Kochsalz und Silikon. Eine Zeitlang zählten dazu auch Implantate, die mit Hydrogel oder Sojaöl gefüllt waren. Zu den Füllstoffen ohne Kapsel, die keine Operation erfordern und üblicherweise als Flüssigkeiten oder Gele injiziert werden, zählen Silikon, Paraffin, köpereigenes Fett und Polyacrylamid. Die meisten dieser injizierbaren Füllstoffe genossen anfangs eine hohe Akzeptanz, haben dann aber später oft zu ernsten Komplikationen geführt.
Hyaluronsäure ist das neueste injizierbare Produkt auf dem Markt zur Brustvergrösserung ohne Operation. Hyaluronsäure wurde in Europa im Jahr 2006 zur Vergrösserung des Volumens und zur Verbesserung der Form von Weichteilen inklusive der Brust zugelassen.
Was die Brust betrifft, werden nach Angaben der Hersteller 100 - 150 ml pro Brust in lokaler Betäubung injiziert und führen zur Zunahme „einer Körbchengrösse.“ Weiters sagen die Hersteller, dass die Hyaluronsäure im Laufe von 12 – 18 Monaten langsam wieder abgebaut werde und es gebe nur ein geringes Risiko von allergischen Reaktionen und ein vernachlässigbares Risiko der Übertragung von Infektionen.
Allerdings gibt es bislang nur 2 unabhängige wissenschaftliche Studien über die Effizienz und Sicherheit von Hyaluronsäure zur Brustvergrösserung . Wenn sich derzeit die Frage stellt, ob Hyaluronsäure ein geeignetes und sicherer Produkt zur Vergrösserung der Brust ist, ist die kurze Antwort: niemand weiss es.
Die Liste von ungeklärten Fragen ist lang. Obwohl die Sicherheit von Hyaluronsäure in kleinen Dosen im Gesicht hinlänglich nachgewiesen wurde, gibt es bezüglich der Brust wichtige Unterschiede: das injizierte Volumen ist viel grösser (1-5 ml im Gesicht versus 100 – 150 ml / pro Brust), die Gewebeschichten in der Brust sind dicker und komplexer und es ist bekannt, dass die Brust gerne mit der Ausbildung von Umkapselungen (Kapselfibrosen) bei Fremdkörpern reagiert. Die Hersteller berichten in einer firmeneigenen Studie an 20 Patientinnen eine Rate von 30 % Kapselfibrosen, eine beunruhigende Zahl, wenn man bedenkt, dass jedes injitiierte Hyaluronsäure-Depot eine eigene Umkapselung entwickeln kann, was an der Brust zu multiplen sichtbaren und tastbaren Verhärtungen führt.
Auch bezüglich der Langzeitauswirkungen auf die Beurteilbarkeit von Hyaluronsäure-Depots in der Brust auf das Tumorscreening mittels Mammographien oder Magnetresonanztomographien gibt es noch keine sicheren Aussagen. Dasselbe gilt für die Rolle, die die Hyaluronsäure beim Fortschreiten eines Brusttumors spielt und auch die Rolle der Migration der Hyaluronsäure durch die Schwerkraft ist noch nicht beantwortet.
Ob der Tatsache, dass es so viele ungeklärte Fragen gibt, erstaunt es, dass ein neues Produkt mit so wenig vorangegangenen wissenschaftlichen Untersuchungen in Europa CE (Conformité Européenne) zertifiziert und zugelassen wurde. Gegenwärtig hat Hyaluronsäure in der Indikation der Brustvergrösserung in Amerika und Kanada von der FDA (Food and Drug Administration = amerikanische Zulassungsbehörde) keine Zulassung und es ist auch unwahrscheinlich, dass eine solche auf Grund mangelnder wissenschaftlicher Daten nächstens erfolgt. Es sieht so aus, als ob die Europäischen Zulassungsbehörden einen viel niedrigere Schwelle bezüglich Anforderungen über Sicherheit und Effizienz von neuen implantierbaren Produkten verlangen als die Amerikanischen Behörden.
Es soll in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass es dieselbe Europäische Behörde war, die Brustimplantate mit Hydrogel und mit Sojaöl zugelassen hatte und dies mit sehr wenig verfügbaren wissenschaftlichen Daten, um ihre Sicherheit darzulegen. Beide Implantate mussten wegen schwerer Komplikationen wieder vom Markt genommen werden. Mit der Zulassung von Hyaluronsäure zur Brustvergrösserung sieht es so aus, als ob die Europäischen Standards zur Zulassung sich nicht wesentlich verbessert haben.
Der Autor kommt zum Schluss, dass es viele Beispiele von Produkten zur Brustvergrösserung gibt, die ihren Marketing-Hype nicht überlebt haben und die sich als unsicher herausgestellt haben. Der einzige Weg, um herauszufinden, ob ein Produkt sicher ist und das hält was es verspricht, ist die wissenschaftliche Erforschung mittels unabhängiger klinischer Studien. Eine Übersicht über die Literatur zeigt, das Hyaluronsäure zur Brustvergrösserung die Europäische Tradition fortsetzt, neue Produkte zur Brustvergrösserung einzuführen, die nur über wenig objektive, geprüfte klinische Daten zur Bestimmung der Sicherheit und Effizienz verfügen.
Der Autor dieser Studie rät abschliessend allen Anwendern , sich des Fehlens von wissenschaftlichen Studien bei der Anwendung von Hyaluronsäure zur Brustvergrösserung bewusst zu sein.